SUPRA-AVANTGARDE -
Zur hypermodernen Kunst von BALAVAT

von Andreas Mascha



SUPRA-AVANTGARDE ist der programmatische Begriff für die neue Evolutionsstufe im kunstgeschichtlichen Entwicklungsprozess. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine neue Strömung innerhalb des Pluralismus der Postmoderne, sondern um eine wesentliche Neuheit, die zwangsläufig eine fundamentale Revolutionierung der Kunst zur Folge haben wird.

Die SUPRA-AVANTGARDE löst die von Kandinsky und Beuys formulierte Forderung nach einer Verbindung von Kunst und Leben umfassend ein. Sie ist nicht Selbstzweck, sondern hat transzendentale Intentionalität: Die bewusste Unterstützung und Beschleunigung der Evolution, allem voran der Selbstevolution des Menschen, im Licht eines fortwährend expandierenden, integralen Bewusstseins.

In diesem Sinn liegt die SUPRA-AVANTGARDE nicht nur voll im Zeitgeist der Hypermoderne, als der Epoche der Selbsttransformation des Menschen, sondern prägt diesen nachhaltig. Man könnte sogar sagen, es ist der Zeitgeist selbst, der sich durch die SUPRA-AVANTGARDE objektiviert. Hier passt das Sprichwort, dass niemand eine Idee aufhalten kann, deren Zeit gekommen ist; denn das zivilisatorische Evolutionsstadium der Hypermoderne ist der Kairos, der richtige Zeitpunkt, für das Wirken der SUPRA-AVANTGARDE. Während wir auf das Präfix "SUPRA" später noch eingehen werden, soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass der Begriff der "Avantgarde" (frz. die Vorhut) ursprünglich aus der Militärsprache während der Französischen Revolution hervorgegangen ist. Wie wir noch sehen werden, stellt die SUPRA-AVANTGARDE tatsächlich die Speerspitze einer (R)Evolution dar.
 

Surrealismus und SUPRA-AVANTGARDE

Wie wir bereits angedeutet haben, steht die SUPRA-AVANTGARDE, im Kontext der Hypermoderne, in engstem Bezug zur Lebenswelt des heutigen 21. Jahrhunderts. Jedoch ist sie nicht nur "Seismograph" für die Gesellschaft, sondern greift vor allem schöpferisch gestaltend in deren Entwicklung ein; sie spiegelt nicht nur - sie kreiert neu!

Ähnlich dem Futurismus will die SUPRA-AVANTGARDE eine schöpferische Zerstörung, um Raum für das Neue zu schaffen. Jedoch unterliegt sie nicht den rein nach außen projizierten, maschineneuphorischen und technologischen Machbarkeitsutopien des beginnenden 20. Jahrhunderts, die heute wieder in der Gestalt gentechnologischer Züchtungsfantasien daherkommen. Ihr geht es vor allem um eine Mutation des Bewusstseins - konkret um eine Selbsttransformation von einem mentalen in ein integrales Bewusstsein.

Aus der Desillusionierung vom Futurismus durch den 1. Weltkrieg sowie aus dem Geist der Auflehnung gegen das gescheiterte politische, wirtschaftliche und militärische System wurde der Dadaismus geboren. Im Versuch die bürgerlichen Wertvorstellungen bis in ihre Tiefendimensionen zu durchleuchten und zum Teil auch ins Absurde zu führen, kam es zu der vielschichtigen Verwobenheit des Dadaismus mit dem Surrealismus. Wie schon der Name verrät, steht der Dadaismus für das Irrationale, das Kindliche und Spontane. Eine zentrale Brückenfigur der deutschen Dada-Bewegung und des Surrealismus war Max Ernst, der 1922 von Deutschland nach Paris übersiedelte. Neben dem Collage-Bild und der Assemblage, die dann wieder in der Kunst der sechziger und siebziger Jahre einen Aufschwung als Kunsttechnik erlebten, entwickelte Ernst auch neue Techniken wie Grattagen oder Frottagen. Letztere entstehen beispielsweise mittels Durchreibung von Materialien, die zu verschiedenen Oberflächenstrukturen führen; sie gelten in der bildenden Kunst als die bekannteste Ausdrucksform eines Automatismus.

Im Kontext des geistigen und künstlerischen Werks Max Ernsts ist auch die tatsächliche Neuheit des SUPRA-AVANTGARDISTEN BALAVAT klarer zu erkennen. Es sind jedoch weniger die Berührungspunkte im Bereich der physischen Technik der Materialbilder, als vielmehr diejenigen im Hinblick auf die geistige Technik des Automatismus, die eine Zusammenschau der beiden Künstler als sinnvoll und kunstwissenschaftlich erhellend erscheinen lässt. Doch bevor wir näher auf den Schaffensprozess des Automatismus eingehen, wollen wir uns nochmals kurz dem Surrealismus zuwenden.

Inspiriert von der Tiefenspsychologie Freuds und seiner psychoanalytischen Methode, begannen viele Künstler ihre Innenwelt zu erkunden und sich auf die Suche nach dem Seelischen zu machen. Der europäische Geist wandte sich in den Anfängen des 20. Jahrhunderts nach innen, blickte jedoch zumeist nur in die Tiefen seines Unterbewussten, sowie in Abgründe seines Unbewussten. So verbinden wir heute noch mit dem Surrealismus intuitiv weniger eine Überwirklichkeit, wie es der Name eigentlich ausdrückt, sondern vielmehr eine Tiefenwirklichkeit des Dunklen, des Verdrängten, Nieder-Vitalen und Libidinösen.

Aus Gründen der Anschaulichkeit und zum besseren kunstgeschichtlichen Verständnis der Novität der SUPRA-AVANTGARDE wollen wir nun eine wichtige Parallele zwischen der modernen Kunst des Surrealismus und der hypermodernen SUPRA-AVANTAGARDE aufzeigen und uns dem künstlerischen Schaffensprozess selbst zuwenden.
 
 

Vom Automatismus zum SUPRA-AUTOMATISMUS

André Breton definierte den Automatismus in seinem ersten surrealistischen Manifest von 1924 als "ein Diktat des Denkens außerhalb jeder Kontrolle durch die Vernunft und jenseits jeder ästhetischen oder moralischen Erwägung." Während des künstlerischen Schaffensprozesses sollen alle Denkkategorien ausgeschalten werden. Hier wird bereits auf eine "akategoriale Realisationsart" hingewiesen, wie sie der Kulturphilosoph Jean Gebser, im Zusammenhang der Emergenz eines integralen Bewusstseins in seinem Hauptwerk "Ursprung und Gegenwart", beschrieben hat.

Aufgrund des langjährigen, authentisch geistigen und damit immer auch existenziellen Selbstexperiments hat sich BALAVAT über die Selbsttransformation zur Ichfreiheit eine übermentale Bewusstseinsebene erschlossen. Im Unterschied zum Automatismus des Surrealismus, der ohne die geistige Selbsttransformation des Künstlers oftmals nur Ideen aus dem Unter- und Unbewussten sowie dem Vital-Triebhaften zu Tage fördert, setzen sich über den SUPRA-AUTOMATIMUS, der durch das mentale Schweigen erreicht wird, Ideen aus dem Überbewussten selbsttätig ins Werk.

Durch eine Bewusstseinsmutation der heute vorherrschenden mentalen Bewusstseinsverfasstheit in eine integrale, wird ein stabiler Kontakt zum Geistigen aufgebaut. In diesem integralen Bewusstsein, welches für die mentale Perspektive überbewusst erscheint, können die ursprünglichen Ideen einer platonischen Ideenwelt geschaut werden. Da sich diese wahren Ideen "von oberhalb", wie durch das Präfix "SUPRA" zum Ausdruck kommt, durch den instrumentalen Künstler dann selbsttätig ins Werk setzen, können wir tatsächlich von einem SUPRA-AUTOMATISMUS sprechen.

Damit wird jedoch die Bedeutung des Künstlers nicht abgewertet - im Gegenteil - ist doch alle große Kunst, wie Martin Heidegger in seiner Philosophie zum "Ursprung des Kunstwerks" dargelegt hat, ein "Geschehenlassen der Ankunft der Wahrheit des Seienden"1) und "das Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit", was genau diesen SUPRA-AUTOMATIMUS charakterisiert.
 
 

BALAVAT - Werk und Zustand

In seinen Schriften "Das SEIENDE NICHTS" und "Idee ist substantiell"2) hat BALAVAT die erkenntnistheoretischen und ontologischen Grundlagen für eine authentische Bewusstseinsmutation und den Wirkzusammenhang eines SUPRA-AUTOMATISMUS mittels reiner Kausal-Logik und juxtapositionärem Denken in Identität (SUPRA-AVANTGARDE der Logik) geisteswissenschaftlich analysiert und präzise dokumentiert. Dieses existentielle Selbstexperiment BALAVATs, mit seinen bisherigen geisteswissenschaftlich-theoretischen und künstlerisch-praktischen Objektivierungen, muss bereits bei heutigem Stand als empirischer Beweis für die Richtigkeit der Evolutionstheorie des Bewusstseins gewertet werden, wie diese in den Werken des indischen Philosophen, Dichters und Integral-Yogis Sri Aurobindo oder auch in Jean Gebsers integraler Kulturanthropologie "Ursprung und Gegenwart" vernunftwissenschaftlich dargelegt wurde. Solch ein umfassendes Daseinsexperiment, welches zwangsläufig zu einer zunächst einmal individuellen Lebensreform führt, muss notwendigerweise im kreativen Ausdruck seinen Niederschlag finden und auch zu einer Kunstreformation führen

Durch die Einheit von Leben und Werk bei BALAVAT ist der künstlerische Ausdruck des Erlebten ein gültiges, geisteswissenschaftliches Verfahren zu intersubjektivem Verstehen, durch das "Leben über sich selbst in seinen Tiefen aufgeklärt wird" (Wilhelm Dilthey). Da die SUPRA-AVANTGARDISTISCHEN Werken zugrundeliegenden Schauungen aus überbewussten Ebenen stammen, sind diese Kunstwerke nicht nur Aufhellungen des Geistes, sondern Symbole mit Verwirklichungscharakter. Somit ist SUPRA-AVANTGARDE nicht nur die Kunstform der Hypermoderne, sondern sie kreiert und manifestiert diese auch mit, indem sie vor allem auf die evolutionäre Selbsttransformation des Menschen ausgerichtet ist. Authentische SUPRA-AVANTGARDE ist demzufolge auch immer eine Avantgarde der Evolution - als Psychonauten des Mikro-Makro-Kosmos und zeitfreie Daseins-Abenteurer von 'morgen'.

Der Name BALAVAT steht aber nicht nur für den konkreten SUPRA-AVANTGARDISTEN, sondern das Sanskritwort bezeichnet ursprünglich den Bewusstseinszustand des gottwesenhaften Kindseins. Erkenntnistheoretisch ausgedrückt, ist der BALAVAT-Zustand definiert als das integrale Selbstbewusstsein des SEIENDEN NICHTS. Dieser Bewusst-Seinszustand führt zu dem Sich-SUPRA-AUTOMATISCH-ins-Werk-Setzen einer kosmischen Kreativität des SEIENDEN NICHTS.3) Wobei das SEIENDE NICHTS neben der geisteswissenschaftlichen Aufhellung durch die Balavat'sche Logik (SUPRA-AVNTGARDE der Logik) mittlerweile auch seine naturwissenschaftliche Begründung, z.B. in der Laszlo'schen PSI-Feld-Theorie, gefunden hat.

So hat Ervin Laszlo in seiner kognitiven PSI-Feld-Hypothese die Interaktion zwischen dem PSI-Feld (Holofeld) und dem menschlichen Gehirn als "Sonderfall der generellen Beziehung zwischen Materie-Energie-Systemen und dem Quantenvakuum"4) beschrieben. Ohne auf die komplizierten neuro-quantenphysikalischen Interaktionen an dieser Stelle näher einzugehen, ist es hier für uns interessant, dass Laszlo davon spricht, dass "unter günstigen Umständen" nichtlokale PSI-Feld-Information "bis zur Ebene bewusster Wahrnehmung durchdringen kann." Unter diesen "günstigen Umständen" versteht er "ungefiltert und nicht unterdrückt", d.h. vor allem nicht mental interpretiert. Wenn das Schweigen im Mentalen durch geistige Stille eintritt, haben wir demzufolge durch die Nichtlokalität des integralen Bewusstseins direkten Zugang zur All-Information des PSI-Feldes (Akasha-Chronik) d.h. zu "kosmischer Kreativität" (Laszlo) und "kosmischer Intelligenz" (Rupert Sheldrake).
 
 

Das Ende der Kunst und die Morgendämmerung der mantischen Kunst

Ohne die notwendige Erweiterung des Kunstbegriffs auf dasIntegrale bzw. das gesamte Dasein kann Arthur C. Danto aus seiner kunstgeschichtsphilosophischen Betrachtung heraus tatsächlich vom "Ende der Kunst" sprechen.5) Und der Blick der ästhetischen Urteilskraft auf die tatsächlichen Erscheinungsformen postmoderner Kunst gibt dieser These mehr recht, als dass er ihr widerspräche. Die zentrale, kunstphilosophische Frage lautet jedoch: Wie kann die neue Freiheit, nämlich dass ein Kunstwerk heute beliebig aussehen kann, tatsächlich zu einem "Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit" (Hegel) werden, ohne jedoch in eine bedeutungslose Willkür abzukippen? Auch wenn man Dantos Überlegungen zu den "Grenzen des Kunstbegriffs" nicht folgt - und wir wollen in diesem Zusammenhang auch nicht tiefer in die Auslotung des Kunstbegriffs einsteigen - ist doch die tiefe Krise der Gegenwartskunst offensichtlich. Man könnte im heutigen 21. Jahrhundert im systemtheoretischen Jargon von einem Bifurkationspunkt der Kunst sprechen; sowohl mit der Möglichkeit einer Regression und eines Absturzes in die Willkür, als auch mit dem Potenzial der Verwirklichung eines umfassend höheren Niveaus.

Wie aus dem gegenwärtigen, kunstphilosophischen Diskurs ersichtlich, ist der freie, ästhetische Spielraum nur sehr schwer mit dem Imperativ eines moralischen Handlungsraumes zu vereinbaren. Während noch immer relativ erfolglos nach einer Klemme zwischen der neuen Freiheit und einer Verantwortungsethik der Kunst gesucht wird, hat die SUPRA-AVANTGARDE dieses Scheinproblem bereits über die Wahrheit gelöst. Denn wenn das Wahre als das höchste Ideal der Kunst erkannt wird, ist eine Ethik oder auch eine Überethik immer implizit. Wahrheit ist der Leitstern der SUPRA-AVANTGARDE; und zwar nicht eine dualistische Wahrheit als Antithese zur Falschheit und zum Falschen, sondern die Wahrheit (griech. aletheia) als die tatsächliche Wirklichkeit, als Soheit, als Seinslichtung (Heidegger).

Die Ausdrücke authentischer Ideenkunst der SUPRA-AVANTGARDE sind Eteologeme (Gebser) und Dokumente von Seinslichtungen, durch die das Unsichtbare und Verborgene, die ursprüngliche Idee, als die eigentliche Ursache der Erscheinung, entborgen werden kann; und zwar über alle Zeit hinweg, oder wie Jean Gebser schrieb: "Im Schöpferischen ist der Ursprung Gegenwart."6)

Über die bereits erwähnte Selbsttransformation und Bewusstseinsmutation ist die SUPRA-AVANTGARDE in der Lage, diese ursprünglichen Ideen zu schauen und durch den jeweiligen individuellen Ausdrucksstil zu objektivieren. Durch diese absolute Wahrheitsorientierung und die damit verbundene Wirklichkeitsmacht wird die Sonne einer neuen Kunst - ja einer Überkunst aufgehen, deren Morgenröte am Horizont der Hypermoderne bereits klar und unverkennbar zu erkennen ist. Diese sehende Kunst ist in ihrem Wahrheitsausdruck eine Manik (abgeleitet aus dem griech. Wort mántis - "der Seher").
Wesensgemäß besitzt die mantische Kunst 7),durch die in ihr enthaltene Wahrheitskraft, eine große Verwirklichungsmacht. Deshalb ist die mantische Kunst auch eine zukunftsweisende Methode zur Konkretion potenzieller Schöpfungsmacht in aktuelle Wirklichkeit.
 

Zur gnostischen Ästhetik in BALAVATs Ideenkunst

Wenn wir uns mit Schelling den letztlichen Sinn und die ästhetische Bestimmung der Kunst, als die Verbindung des Endlichen mit dem Unendlichen, oder mit Hegel, als die "ästhetische Repräsentation des Göttlichen", vor Augen führen, kommt der Wahrheit und Größe der dem Kunstwerk zugrundeliegenden Idee die zentrale Bedeutung für den ästhetischen und künstlerischen Wert des Werks zu. Diese ursprüngliche Idee, die vom Genie des wahren Künstlers geschaut wird, setzt den Inhalt und sucht sich eine Form, durch die der Inhalt zur Aussage wird. Durch die künstlerische Aussage kann dann das "Unsagbare" (Goethe) ausgesprochen, das  eigentlich Unsichtbare geschaut und das Kunstwerk zum intersubjektiven Träger der Ideenkraft gemacht werden. Gemäß der Schichtenlehre des Kunstwerk, wie sie beispielsweise in der ontologisch begründeten Ästhetik Nicolai Hartmanns vertreten wird und die den Inhalt-Form-Dualismus sowohl kunstwissenschaftlich als auch erkenntnistheoretisch ontologisch aufgehoben hat, kann der reale, materielle Vordergrund von der geistigen Schicht des Hintergrundes differenziert werden.

Wenn wir uns nicht nur mit dem Oberflächlichen zufrieden geben wollen, sondern das Schöne suchen, das Hegel beispielsweise als "das sinnliche Scheinen der Idee" bestimmt hat, können wir in den Werken authentischer SUPRA-AVANTGARDE eine überweltliche Schönheit entdecken und uns einer gnostischen Ästhetik (Sloterdijk) erfreuen, die ihre Schönheit aus der Strahlkraft gnostischer Wahrheit bezieht. Eine integral-ästhetische Urteilskraft gewahrt vor allem dieses Durchscheinen des Geistigen, die Diaphanität (Jean Gebser) des Werks, für ihre Beurteilung der integralen Schönheit eines Kunstwerks.8) Gnostische Ästhetik macht die überrationale Schönheit geschauter Wahrheit sichtbar, wobei diese Schönheit nicht lediglich die Antithese zum Häßlichen darstellt, sondern die allumfassende Synthese bereits in sich verwirklicht hat.

Die wahre Größe des Inhalts rechtfertigt das Maß an Freiheit in der Form; denn in erster Linie geht es einer gnostischen Ästhetik um den möglichst unverzerrten und reinen Transport der Idee in die Form. So werden z.B. auch die von BALAVAT verwendeten Kitsch-Elemente in ihrem Zusammenspiel als intuitive Symbolkompositionen zu einer Art "Esperanto des Geistes" (BALAVAT) und eröffnen dem geistigen Auge des Rezipienten BALAVATs gnostische Schauungen. Wie schon Platon aufgezeigt hat, ist der göttlich inspirierte bzw. enthusiastische Künstler eigentlich nur mehr der "Dolmetscher" des Geistes selbst.
Die Verwendung von Kitsch als künstlerische Form, unterstreicht als materialästhetische Aussage eben jene allumfassende, gnostische Schönheit, um die es BALAVAT geht. Durch diese bewusste Instrumentalisierung von Kitsch für das Wahre und Schöne, wird nicht das Kunstwerk selbst zum Kitsch, sondern im Gegenteil, es kommt zu einer Umwertung aller (Kunst-)Werte, indem selbst Kitsch durch den Geist zu authentischer, großer Kunst transformiert wird. Mit Hinblick auf Dantos Thesen zum Ende der Kunst kann gesagt werden, dass BALAVAT die Vollendung dieses Entgrenzungsprozesses vollzogen hat, indem er sogar die Nicht-Kunst, durch die geistige 'Entkitschung' des Kitsch, in die Kunst - ja in einer mantischen Überkunst - aufgehoben hat. Dieses Ereignis von kunsthistorischer Tragweite offenbart sogar selbst, als kunstgeschichtliches Happening, als vernunftskünstlerische Arbeit an der kollektiv mentalen Plastik und als ultimatives Gesamtkunstwerk, welches die eigene Kategorie 'Kunst' mit einbezieht und transzendiert, die Macht und Schönheit des Geistes und die Schöpferkraft SUPRA-AVANTGARDISTISCHEN Bewusstseins.

Wenn das Wahre und das Schöne als Kategorien für die Beurteilung des Wertes SUPRA-AVANTGARDISTISCHER Kunstwerke gesetzt werden, sind solche Eteologeme natürlich überaus wertvoll - ob sich dieses Faktum dabei auch am Kunstmarktwert widerspiegelt ist für ein SUPRA-AVANTGARDISTISCHES Selbstwertbewusstsein zweitrangig. Aus einer integralen, kunstökonomischen Betrachtung ist jedoch das Zufließen von Geldenergie in Höhe des realisierten Marktpreises ein interessanter Indikator für die Wertschätzung des jeweiligen Kunstwerks, sowie für das Bewusstsein des Kunstgenießers. Der Käufer mantischer Kunstwerke kann die Ausstrahlungskraft dieser Werke für seine eigene geistige Entwicklung nutzen. Gerade wo eine bewusste Resonanz zwischen Kunstwerk und Rezipient entsteht, kann ein Tiefenzugang zur anwesenden Ideenkraft durch das Werk hindurch gefunden werden. In diesem Sinne wirkt die mantische Kunst auch therapeutisch und dient der Ganzwerdung des Menschen (griech. therapeía = das Dienen). Doch vor allem ist die SUPRA-AVANTGARDE durch ihre machtvolle Ideenkunst eine (r)evolutionäre Kraft, sowohl für das individuelle Bewusstsein, als auch für die gesellschaftlichen Institutionen, wie z.B. den Kunstbetrieb - und genau diese Geisteskraft brauchen wir für wirklichen Fortschritt.
 

Fußnoten:

1) Heidegger, Martin: Der Ursprung des Kunstwerks, Reclam Nr. 8446, S. 73
2) Siehe BALAVATs Aufsätze zur Kunst unter http://www.balavat.de/idee0.html
3) Vgl. hierzu BALAVATs Statements unter http://www.balavat.de/statements.html
4) Laszlo, Ervin: Kosmische Kreativität, Frankfurt a.M. 1995, S. 230 f.
5) Siehe in Danto, Arthur C.: Kunst nach dem Ende der Kunst, Wilhelm Fink Verlag, 1996
6) Gebser, Jean: Ursprung und Gegenwart, Band 2, München 1988, S. 424
7) Interessant ist auch die klangliche Nähe zum Sanskrit-Wort mantra bzw. zur mantrischen Kunst als "poetischer Ausdruck der tiefsten spirituellen Wirklichkeit" (Sri Aurobindo in: Die Dichtung der Zukunft, Karlsruhe 1990, S.19), die auch in Indien von den rishis (Sankrit: Seher) geschaffen wird.
 

©Verlag Andreas Mascha
 
 

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